Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Frau Pfau und Pakistan

Zitate aus Buch: Leben ist anders

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Nicht nur zu reden, sondern wirklich etwas zu tun, was dem anderen hilft zu leben.
Jedes Leid geht uns an. Warum uns das Leid anderer angeht, ist eine theoretische Frage, die ich nicht beantworten kann. Eine nützlichere Frage ist: Was muss denn in der Entwicklung und der Erziehung eines Kindes passieren, damit es einmal ein einfühlsamer Mensch wird? Was können wir dazu tun, dass nicht der Kreislauf der Apathie und Gewalt, sondern der Kreislauf der Liebe und Empathie bestimmend wird?

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Pakistan gehört zu den Ländern, die besonders unter den Konsequenzen des globalen Klimawandels zu leiden haben. 2012 war es bereits zum dritten Mal in Folge unter den drei weltweit am stärksten betroffenen Regionen. In den letzten Jahren immer zu schweren Überschwemmungen gekommen: bei der schwersten Flut im 2010 standen rund 130 000 Quadratkilometer Pakistans unter Wasser – etwa ein Drittel der gesamten Fläche Deutschlands. 2000 Menschen haben ihr Leben verloren, mehr als 20 Millionen waren direkt von der Überschwemmungen und ihren Folgen betroffen. Das Elend der Flüchtlinge war so offensichtlich, dass man unmittelbar und ohne fragen helfen musste.

Was mich am meisten empört hat: ich hörte, 50 Prozent der Flutschäden hätten sich verhüten lassen, wenn nicht einflussreiche Großgrundbesitzer versucht hätten, ihr Landzu retten, indem sie Dämme gesprengt haben.
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Die Bevölkerung einen Großgrundbesitzer gerade noch davon abhalten könnte, den Damm zu durchstechen. Damit wäre die ganze Stadt Badin in Gefahr gewesen überschwemmt zu werden. Ein Loch im Damm wird ja von den Fluten vergrößert, bis sich das Wasser sturzflutartig verbreitet.

Eine Mutter erzählt: Sie habe nur zwei Kinder tragen können, das Dritte sei auch noch zu klein, den Fluten zu wiederstehen, es sei vor ihren Augen ertrunken.

2007, erste große Flut wegen Staudamm, Sindh, Baluchistan.
Einer unser Lepraassistenten hat drei Kinder. Er erzählte mir: Ich habe die ganze Nacht zwei Kinder aufden Schultern gehabt, und eines auf dem Arm getragen, und nur gehofft, das der Pegel nicht weiter steigt. Als der Morgen kam, und ich wieder etwas sehen könnte, bin ich auf den nächsten Hügel geklettert.

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2012. Monsunregen und Überschwemmungen in Pakistan.
Die Zahl der betroffenen Opfer wurde mit 1,3 Millionen Personen angegeben. Über 31.400 Häuser wurden gänzlich zerstört und über 20.000 beschädigt. Große Ackerflächen wurden vernichtet.
Zahlreiche Familien harrten noch Wochen nach der Flut unter freiem Himmel aus. Es ist ja nicht das Wasser allein. In der Folge der Fluten steigen die Gesundheitsrisiken durch verschmutztes Wasser und zerstörte sanitäre Anlagen. …
Denn wer der Flut entkommen konnte, dem wurde in der Regel auf einen Schlag die Lebensgrundlage entzogen.

2013. Baluchistan.
Die Menschen, die von der Flut betroffen waren, sitzen nach zwei Jahren noch nicht einmal unter Zelten, sondern immer noch unten Planen. Auf die Frage, was sie am dringendsten brauchen, sagten sie: Zelte. Wir haben also Zelte geschickt. Von der Regierung war nichts zu erhalten.

Einige Schicksale graben sich unserem Gedächtnis ein. Fatima B.Sie kommt mit dreien ihrer Kinder zu der Notsprechstunde in Adamgoth.
Was die Kinder hätten? Frage ich.
Krank sind die Kinder nicht, sagt sie, nur hungrig.
Kamla, verhärmt und total erschöpft. Sie hat sich auf der Flucht den Arm gebrochen, und trotzdem zwei ihrer Kinder noch aus der Flut gerettet.

Ob die Kinder geimpft seien?
In allen Camps die gleiche Antwort: zehn Prozent, nicht mehr. Und das, obwohl die nationale
Impfkampagne im zwölften Jahr läuft.

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Nach lieben sei helfen das zweitschönste Wort unserer Sprache, hat jemand einmal gesagt.
Helfen heißt: Leben ermöglichen.